Freia Lippold-Eggen, AfD-Stadträtin in der unterfränkischen Stadt Bad Kissingen, hat in einem Interview das Vorgehen der AfD mit dem der NSDAP im Jahr 1933 verglichen und ihren Austritt aus der Partei angekündigt. “Um an die Macht zu kommen, nutzen sie die Schwächen der Demokratie - jener Demokratie, die sie abschaffen wollen”, sagte die Kommunalpolitikerin der “Saale-Zeitung”.

Und weiter: “Das funktioniert wie 1933, genau so wurde auch die NSDAP groß. Die AfD tut das ohne Anstand. Ich muss es so deutlich sagen, denn: Wer schweigt, stimmt zu.” Zu den Zielen der AfD sagte sie: “Die träumen von der Machtübernahme, zumindest aber vom Mitregieren.” Der rechte Flügel nutze die Erschöpfung der Bevölkerung aus, die aus Frust heraus die AfD wähle. “Diese Menschen hoffen auf ein Heilsversprechen. Jedoch: Wenn die Rechten kommen, wird es noch schlimmer - die halten sich nicht an Rechtsstaatlichkeit.”

Lippold-Eggen verweist in dem Interview auf einen AfD-Funktionär aus Unterfranken, der keine Ausländer mehr im Land haben wolle: “Er sieht eine ethnologisch saubere Gesellschaft durch Vermischung geschwächt. Das sind die Fantasien, die diese Menschen haben - sie machen Ausländer für ihr eigenes Unvermögen haftbar. Das ist die Marschrichtung der Rattenfänger, genauso wie 1933.” Der Rechtsruck der Partei sei von langer Hand geplant, zu den Strategien gehöre die “Installation der Rechtsextremen in den Wahlkreisen”.

Auf die Frage, ob die AfD verboten werden müsse, sagte die 68-Jährige: “Wenn das so weitergeht, bin ich dafür.” Sie hofft, dass es noch “mehr Anständige” gebe, die aus der Partei austreten. “Niemand braucht hinterher zusagen: Ich habe von nichts gewusst.” Lippold-Eggen sagte auch, sie wolle die AfD insgesamt noch nicht verurteilen: “Es gibt ja auch noch andere Mitglieder. Es heißt ja, die AfD sei in Teilen rechtsradikal - wobei die Junge Alternative gesichert rechtsradikal ist.”

Bei aktuellen Umfragen liegt die AfD in Bayern derzeit auf gleicher Höhe mit den Grünen und den Freien Wählern, wäre also, Stand jetzt, im Rennen um die zweitstärkste Partei im bayerischen Landtag nach der CSU.

  • Spike@feddit.de
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    11 months ago

    Alte… was dachte die, wo sie ist? Ja, braucht schon Eier, das jetzt durch zu ziehen und zuzugeben, dass man in einer rechten Partei war. Aber trotzdem. So komisch.

    Ich meine, die AfD radikalisiert sich halt immer weiter, wie schon seit Gründung. Die Ingroup wird kleiner. Ist halt so bei den Faschos. Mal schauen wie weit es noch bis zum Verbot ist.

    • AggressivelyPassive@feddit.de
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      11 months ago

      Ich glaube, einige alte Mitglieder haben noch die Hoffnung, dass man das Ruder rumreissen kann. Die wollen halt wirklich eine rechte CSU, aber keine NPD.

      Und wenn du dein politisches Leben der AfD verschrieben hast, musst du auch einiges an Mut aufnehmen, um den Absprung zu schaffen, denn deine Karriere wird definitiv bergab gehen.

      • letmesleep@feddit.de
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        11 months ago

        Ich glaube, einige alte Mitglieder haben noch die Hoffnung, dass man das Ruder rumreissen kann. Die wollen halt wirklich eine rechte CSU, aber keine NPD.

        Interessanterweise würde das dem europäischen Trend entsprechen. Ein Teil des Rechtsrucks, den wir im Ausland sehen, geht zum Glück darauf zurück, dass die entsprechenden Parteien (Rassemblent Nationale, Frateri d’Italia, Sverigedemokraterna…) sich in den letzten 20 Jahren gemäßigt haben. Ich glaube die Schwedendemokraten sind mittlerweile mit der CSU vergleichbar.

        • AggressivelyPassive@feddit.de
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          11 months ago

          Dummerweise führt das dann aber auch dazu, dass diese Narrative auf einmal ganz normal werden. Und auf einmal ist es gar nicht mehr so unsagbar, dass man vielleicht doch an der Grenze schießen sollte, um den Volkskörper gesund zu halten.

          • letmesleep@feddit.de
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            11 months ago

            Es ist halt ein zweischneidiges Schwert. Natürlich kann es problematischen Narrativen, wenn Menschen, die sie aussprechen in die Mitte der Gesellschaft gelangen, aber es führt eben auch dazu, dass bestimmte Dinge fast ganz verschwinden.

            Die Nazis haben nie versucht ihren Rassismus zu verbergen. Die jetztigen Rechtspopulisten haben ihn größteteils durch Xenophobie ersetzt. Immer noch eklig, aber trotzdem das kleinere Übel.

            • AggressivelyPassive@feddit.de
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              11 months ago

              Ist es das? Guck dir Höcke doch mal an, der ist da ziemlich offen.

              Natürlich sind sie subtiler als die NSDAP, aber wenn man ihnen mal zuhört, auch nicht sehr viel subtiler.

              Und genau deine Einstellung (das meine ich nicht als persönlichen Angriff) ist da halt sehr gefährlich, weil das Overton Window dadurch verschoben wird. Überleg mal, was für AfD heute raushaut. Das wäre vor 15 Jahren teilweise der NPD zu offensichtlich gewesen. Und heute ist es ganz normal und wird letztlich sogar von demokratischen Parteien und der CSU aufgenommen.

              • letmesleep@feddit.de
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                11 months ago

                Und genau deine Einstellung (das meine ich nicht als persönlichen Angriff) ist da halt sehr gefährlich, weil das Overton Window dadurch verschoben wird

                Naja, ich versuche halt ein Risiko so gut wie möglich einzuordnen. Es zu unterschätzen ist natürlich gefährlich. Aber es ist eben auch gefährlich es zu überschätzen, weil verfrühte oder übertriebene Reaktionen Ressourcen (Aufmerksamkeit, Glaubwürdigkeit…) verschwenden, die notwendig sind, falls es noch schlimmer wird. Ich glaube schon, dass ich da die richtige Größenordnung an Besorgnis trefffe.

                Natürlich sind sie subtiler als die NSDAP, aber wenn man ihnen mal zuhört, auch nicht sehr viel subtiler.

                Sie sind nicht nur subtiler, sie haben auch eine andere Ideologie. Die NSDAP ging tatsächlich von der Rassenlehre aus. Die AfD und die anderen Rechtspopulisten sind vor allem kulturchauvinistisch. Natürlich gibt es da eine gewisse Schnittmenge mit Rassismus, aber das Epizentrum des Problems ist ein anderes.

                Wenn man das ganze historisch einordnet relativiert sich eben auch das mit dem Overton Window. Klar, im Vergleich mit 2014 ist das nach Rechts gegangen, aber ich kann mich eben auch noch an “Kinder statt Inder” und Roland Kochs ganze Palette von Aussagen erinnern. Die CDU unter Merz ist immer noch ein ganzes Stück linker als sie es vor Merkel war. Es droht also erstmal nur ein Rückfall in die 90er. Zumindest politisch gesehen fände ich das nicht so toll, aber Panik würde das bei mir nicht auslösen.

        • geissi@feddit.de
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          11 months ago

          die entsprechenden Parteien […] sich in den letzten 20 Jahren gemäßigt haben

          Die Frage ist, ob die sich wirklich gemäßigt haben oder nur gelernt haben, was man lieber nicht laut ausspricht, wenn man gewählt werden will.

          • letmesleep@feddit.de
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            11 months ago

            Die Frage ist, ob die sich wirklich gemäßigt haben oder nur gelernt haben, was man lieber nicht laut ausspricht, wenn man gewählt werden will.

            Kurzfristig ist beides möglich, langfristig hat die Mäßigung auch zur Folge, dass die Meinungen innerhalb der Partei gemäßigter werden. Einfach, weil neue Mitglieder gibt und alte ausgeschlossen werden.

            • geissi@feddit.de
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              11 months ago

              Naja, zumindest bei der AfD war ja bisher eher der gegenteilige Trend zu beobachten.
              Die Partei ist immer weiter nach Rechtsaußen abgedriftet und hat die Moderaten verdrängt. Siehe auch dieser Thread.

              • letmesleep@feddit.de
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                11 months ago

                Die Partei ist immer weiter nach Rechtsaußen abgedriftet und hat die Moderaten verdrängt. Siehe auch dieser Thread.

                Ja, ich weiß. Das ist halt interessant (oder wäre es, wenn ich es in einem Geschichtsbuch mit ein paar Jahrhunderten Abstand lesen könnte). Die Frage die sich mir stellt, ist woher diese Diskrepanz zwischen der AfD und den anderen europäischen rechtspopulistischen Bewegungen kommt. Eine Antwort könnte gegen die AfD helfen.

  • kat@feddit.de
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    11 months ago

    Das fällt ihr reichlich spät auf. Die AfD bewegt sich doch seit Jahren für alle sichtbar immer weiter nach rechts. Sich jetzt plötzlich zu empören und einen auf “anständig” zu machen wirkt auf mich ziemlich unglaubwürdig.

    Was auch immer sie jetzt kritisiert, sie hat es Jahrelang wissentlich mitgetragen.

      • kat@feddit.de
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        11 months ago

        Ich stimme Dir prinzipiell schon zu, dass man Aussteigern eine Chance geben sollte sich zu rehabilitieren. Aber ist sie wirklich ein “Aussteiger”? Für mich gehört da schon dazu, dass dann eine gewisse Selbstreflektion stattfindet, wodurch die (frühere) eigene politische Haltung kritisch hinterfragt wird. Einfach nur zu sagen “ich war ja schon immer anständig, aber jetzt ist mir aufgefallen, dass die anderen rechts sind” reicht mir da nicht. Sie gibt ja nicht mal zu, dass sie in irgendeiner Weise zum gesellschaftlichen und politischen Aufstieg dieser Leute beigetragen hat.

  • GregorGizeh@lemmy.zip
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    11 months ago

    Besser späte als keine Erkenntnis, und zu spät ist es ja zum Glück noch nicht. Auch wenn es natürlich zynisch ist, weiter in deren Namen im Amt zu verbleiben