Eine These: Alle großen Monopol-Plattformen, die nicht Open Source/dezentral, also nicht Profit orientiert sind, sterben langsam, sie richten sich selbst hin. Es gab schon lange einen Trend zur Anpassung, Wesensverschmelzung, der Plattformen untereinander. Junges Beispiel: TikTok. TikTok war erfolgreich mit seinen kurzen Hochkantformatvideos. Sobald die anderen Social-Media-Plattformen das Prinzip des neuen Giganten erkannt hatten, kopierten sie ihn und heraus kamen Unfälle wie YouTube Shorts. Ein immer noch präsentes Beispiel ist Twitter, gekauft und hingerichtet von einem undurchsichtigen Superreichen mit Hang zur Selbstdarstellung. Wie es mit Twitter/X nun weitergeht, ist nicht sicher, immerhin hat es noch viele Millionen Benutzer, zumindest aber haben Netzwerke wie Lemmy und Plattformen wie Mastodon von der Übernahme profitiert, auch wenn diese Entwicklung wieder abnimmt, ist es ein Nettogewinn für Mastodon und die alternativen Plattformen. Und auch vor und nach Twitter kann man viele große Beispiele von fortschreitender Entfernung der Plattformen zu ihren Usern sehen. Von Facebook gar nicht zu sprechen gibt es andere Beispiele, sei es Discord mit unbeliebten Updates und neuen Richtlinien, jüngst Unity mit der Einführung eines Bezahlsystems für Softwareentwicklung und jetzt auch Microsoft mit neuen Richtlinien in Bezug auf Windows. Schwammig formulierte Regeln, die im Prinzip das Scannen der Festplatte und Cloud aller User per KI und die anschließende Löschung/Sperrung von unliebsamen Inhalten ermöglichen, auch zu Kontosperrungen kann- und wird es kommen. Auch Reddit geht immer weiter den Bach runter. Der kurzfristig angekündigten de-facto-API-Sperre und somit dem Rauswurf Millionen von Usern folgte ein absolutes Missmanagement der Proteste gegen eben diese Sperre (Bann der ehrenamtlichen Moderatoren, Einsetzen von (ChatGPT)Bots, manipulieren von Kommentaren und Bewertungen, Nichtbeantworten von Fragen im Q&A, Reaktivierung von Accounts nach der Löschung der Accounts durch User, Abschaffen der Auszeichnungen, …). Und jetzt veröffentlicht es neue Datenschutzrichtlinien, die die Möglichkeit zur Deaktivierung von personalisierter Werbung abschaffen. Wer weiß, vielleicht geht jetzt die Entwicklung zurück zu einem dezentralen Internet, einem mit weniger Monopolen, zumindest, wenn die Benutzer sich diese Entwicklungen nicht mehr gefallen lassen.
Was denkt ihr darüber? Fallen euch noch mehr Beispiele ein? Und kann es sein, dass diese Entwicklung hin zu einem Usenet-ähnlicherem Internet hin und wieder mal kommt und geht, dass es vielleicht schon wieder vorbei mit der enshittification ist?
Das Essay, in dem enshittification so ziemlich zum ersten Mal angesprochen wurde: https://pluralistic.net/2023/01/21/potemkin-ai/#hey-guys
Ich denke dieser Text braucht mehr Absätze.
Das Absatz-Package ist nur für Gold-Tier-Abonnenten.
Ich denke ich habe diesen Text vir ein Paar Wochen schon mal gelesen und das gleiche gedacht.
Ich denke, dass ich darüber erfreut bin, dass du diesen schon gelesen hast.
Das ist ein die Originalität wahrendes Charakteristikum, vertrau mir.
Enshittification ist im Grunde genommen das Resultat aus dem Drang der Plattformen, Profite generieren zu müssen, um die Geldgeber bei Laune zu halten.
Dies funktioniert darüber, dass die jeweiligen Plattformen Userdaten verwerten. Um jedoch eine konsistente Datensammlung über die jeweiligen User zu erhalten, muss der User möglichst lange auf der Plattform gehalten werden. Dies geschieht u.a. über Maßnahmen, wie z.B Endless Scrolling (wie z.B. bei Reddit), oder aber durch Klickbait oder Vorschläge für ähnliche Inhalte (z.B. wie bei Youtube). Daher findet auch eine Angleichung (oder wie du sagst: “Wesensverschmelzung”) der verschiedenen Plattformen zueinander statt.
Noch vor einigen Jahren waren die verschiedenen Plattformen stark von einander abgegrenzt: Twitter für Kurznachrichten, Instagram für Fotos, Youtube für Videos, Facebook um mit Leuten in Kontakt zu bleiben, Reddit als weltweites Forum für jede erdenkliche Nische. Mittlerweile überschneiden sich die Plattformen inhaltlich: Instagram will mit Threads so etwas wie Twitter aufbauen, sodass Instagram-User nicht die Plattform verlassen müssen, um über Kurznachrichten kommunizieren zu müssen. Youtube will mit Shorts seine User davon abhalten, bei TikTok zu gucken.
Je länger ein User auf der jeweiligen Plattform verbleibt, desto mehr Daten können über ihn erhoben werden und umso mehr Werbung kann ausgespielt werden. Dies war bis vor einiger Zeit noch der unausgesprochene Deal: Content für Umme gegen (Meta)Daten. Mittlerweile aber ist es so, dass der User immer häufiger zur Kasse gebeten wird, indem er bestimmte Dinge zusätzlich hinzukaufen muss (z.B. Youtube ohne Werbung, oder irgendwas “Premium”, das vorher so verfügbar war.) Und hier setzt die Enshittification ein: Wenn es sich herausstellt, dass damit immer noch nicht genug Einnahmen generiert werden (für die Shareholder), dann wird eben der Leistungsumfang eingekürzt.
Mittlerweile haben sich viele User aber genügend emanzipiert, und selbst eine Alternative zu den bekannten Diensten geschaffen (z.B. Reddit --> Lemmy oder Twitter -->Mastodon). Allerdings sind bei diesen dezentralen Diensten überwiegend technisch versierte User zu finden, was wiederum zu einer gewissen “Blase” führt.
Der normale Durchschnitts-User findet sich halt damit ab, dass bei den kommerziellen Plattformen ständig neue Änderungen und Einschränkungen implementiert werden.
Ich denke, dass dezentralisierte Dienste wie z.B. das Fediverse durchaus einen festen Platz im Internet einnehmen, aber sie koexisiteren halt neben den etablierten Plattormen.
Noch ein weiteres Beispiel, dem die Enshittification letztendlich das Ende bereitet hat: StudiVZ (und MeinVZ). Von 2007 bis ca. 2010 war StudiVZ im deutschsprachigen Raum das soziale Netzwerk - noch populärer als Facebook. Anfangs war es im Prinzip nur eine Seite, bei der man sein Profil anlegen konnte und die Profile anderer User anschauen konnte. Das war völlig ausreichend, um herauszufinden, wer noch so auf dem Campus herumläuft. Im Laufe der Zeit sind dann immer mehr “Features” hinzugekommen, wie z.B. Spiele (hieß das Farmville oder meine Farm?), um die User auf der Seite zu halten. Irgendwann wurde es zu nervig und die User sind dann ferngeblieben - nicht zuletzt, weil Facebook auch im deutschsprachigen Raum sich etabliert hatte.
Ich glaube, solange es der Notwendigkeit bedarf, Profite zu generieren, die jene des Vorjahres übertreffen, wird es Enshittification geben. Sowohl Online als auch Offline - nur dort heisst es dann Shrinkflation (weniger Inhalt/Menge fürs gleiche Geld) oder Skimpflation (schlechtere Qualität fürs gleiche Geld).
Wenn es nur um Profitsteigerung ginge, würde das Problem “enshittification” zwar vermutlich auch existieren, aber viel weniger ausgeprägt als was wir derzeit sehen. Twitter z.B. machte überhaupt kein oder nur sehr wenig Profit.
Die extreme Ausprägung kommt meiner Meinung vor allen von Risikokapitalgebern. Den frühen Investoren kommt es vor allen darauf an die Firmen als wachsend erscheinen zu lassen, damit sie in einer der nächsten Finanzierungsrunden ihre Investitionen vergolden können (oft mit 1000% Gewinn oder mehr). Spätere Investoren verdienen zwar meist nicht mehr so üppig, aber sie müssen die Firmen jeweils für die nächste Runde von “größeren Idioten” aufhübschen um Gewinn zu machen. Je nach Investorentyp werden dabei die verschiedenen Phasen der enshitification durchexerziert.
Die meisten so finanzierten Plattformen sind inzwischen allerdings quasi am Ende dieses Prozesses angekommen, und die derzeitigen Investoren müssen es irgendwie so aussehen lassen als ob sich mit den Firmen Profite erwirtschaften lassen um an die Börse zu gehen oder risikoscheue neue Investoren anzulocken. Dabei ist es meist egal das das nur kurzfristig geht da dadurch die Nutzer weglaufen, zumindest solange dies nicht zu offensichtlich ist.
Ich wuerde dem beispiel von StudiVZ nicht folgen. Jedes social network hat eine haltbarkeitsdauer von ein paar jahren, bevor die leute weiterziehen. vor studiVZ und facebook war MySpace, facebook ist heute auch nicht mehr so relevant wie vor 5 jahren und twitter schiesst sich seit monaten selbst in die fuesse.
Interessante Äquivalentfindung im Bezug auf das nicht-digitale Leben.
Es ist nicht immer Enshittification, Studi/Mein/SchülerVZ (war selbst nur auf SchülerVZ) sind primär daran zugrunde gegangen, dass die meisten Benutzer zu Facebook gewechselt sind, weil es die neue “coole” Seite war. Ich meine es gab keine Spiele auf den VZ-Seiten, was für manche ein Grund war zu Facebook zu wechseln, denn da gab es FarmVille.
Ich denke, dass die meisten User gar kein schönes und übersichtliches Internet wollen.
Ich denke, die meisten User sind mit der Enshittification durchaus einverstanden. Darum werden ca. 90% der Nutzer auf Meta & co. bleiben. Ich bin aber auch froh drüber, weil das sind dann meist die Menschen, die ich eh eher lieber nicht in meiner Nähe haben wollte. Ich bin sehr zufrieden damit, dass Feddit und Fediverse bleiben, das höchstens 10% der Nutzer anspricht. Ich denke, dass sich dadurch die Qualität dauerhaft hoch halten lässt.
Meine Hoffnung wäre, dass wir dann wieder zur ursprünglichen Idee des Internets zurück bzw wieder in die Nähe kommen würden. Nämlich, dass nicht alles von einer Hand voll großer Player dominiert wird, welche alles diktieren, sondern es viele kleinere Dienste und Anbieter gibt.
Ja, eine Art frühes Internet mit dem heutigen Stand der Technik.
Wird aber nicht passieren. Neue dienste muessen viel geld in die hand nehmen um neue nutzer zu gewinnen, denn leute geben ihre gewohnten plattformen nur ungern auf. Und kosten und zeitaufwand fuer eine professionelle seite mit millioenen nutzern taeglich sind auch zu hoch fuer freiwillige. Endweder brauchst du moderation (zeitaufwand), oder viel geld fuer server, speicherplatz und traffic wenn du viel videostreaming anbieten willst oder beides.
Ich denke enshittification, also das “scheiße Werden” von Plattformen sowohl für die User als auch für die eigentlichen Kunden (Restaurants bei Lieferando, Werbetreibende bei Social Media, Händler bei Amazon… ) aus Gründen der Profitgier ist eine Tatsache, die kaum zu leugnen ist. Sobald eine Größe erreicht war, dass beide Gruppen aufgrund der Netzwerkeffekte nicht mehr wirklich weg konnten oder wollten, wurden die Daumenscnrauben bzgl. Monetarisierung bisher noch überall angezogen.
Aber dass eine Plattform genau daran stirbt, dafür fehlt mir noch ein erster Präzedenzfall. In der Wirklichkeit beobachte ich eher, dass alle viel zu träge sind und sich lieber weiter melken lassen, als die Plattform zu wechseln.
Naja: Lebt Facebook in deinen Augen noch? Dann sterben die Plattformen nicht.
studivz ist gestorben. FB ist online und verdient Geld.
Die einzige Möglichkeit die ich langfristig sehe, sind internationale Projekte. Ein internationales YouTube Equivalent, dass aus den gesammelten Steuergeldern aller Mitglieder bereitgestellt wird. Mit fixen Budget % des GDP. Ohne staatliche Steuerfunktion. Selbst wenn die Moderation streng wäre, immer noch besser als ein Unternehmer wie Google mit YouTube.
Das Konzept lässt sich dann beliebig ausweiten. Ich finde gewisse Grundbedürfnisse der modernen Gesellschaft gehören nicht in private Hand. Ähnliche dem ÖR Prinzip, allerdings mehr Regeln um unendliches Wachstum an Beitragskosten zu verhindern.
Das kann auf Wikipedia, online Bibliothek und Internet Archive gleich mit erweitert werden. Unternehmen sollten hier eine automatische Steuer abdrücken, da diese am meisten davon profitieren.
International wird das sicher nicht funktionieren, da jedes land andere moralvorstellungen (naktheit, gewalt, religion, gluecksspiel) hat. Gerade grosse streamer mit flexiblen moralvorstellungen duerften wenig begeistert sein, wenn sie auf ihren hauptsponsor mit sitz auf malta oder den bahamas verzichten muessten…